Lehnt die christliche Kirche die Reinkarnationslehre ab?

Textauszug aus dem Buch Die Welt der Reinkarnationslehre, 1. Auflage 1999

Die indirekte Ablehnung der Reinkarnationslehre

Eine ausdrückliche Verurteilung der Reinkarnationslehre erfolgte bis heute nicht, was auch in kirchlichen Kreisen unumwunden zugegeben wird.

Erklärungen von Konzilien und Päpsten, die in die Dogmengeschichte eingegangen sind, haben jedoch wichtige Voraussetzungen, auf welchen die Reinkarnationslehre fusst, formal verurteilt und somit auch diese - wenn auch unausgesprochen - zurückgewiesen. Vor allem die als offiziell geltende Annahme der Kirche, wonach die menschliche Seele erst bei der physischen Empfängnis erschaffen wird, schliesst die Möglichkeit eines Lebens vor der Empfängnis und damit die Reinkarnation aus.

Ihre Ablehnung stützt sich also auf eine Behauptung, deren Richtigkeit die christlichen Kirchen bis heute nicht nachgewiesen haben (und wohl auch nicht nachweisen werden können).

Dennoch halten die christlichen Kirchen und Konfessionen an ihr fest, weil zwei ihrer grundlegenden Glaubenssätze die Einmaligkeit des irdischen Lebens - wie dies irrtümlich angenommen wird - voraussetzen. Es sind dies die Erlösungslehre und die Lehre von der Auferweckung der Toten am Jüngsten Gericht.

Die Erlösungslehre fordert vom Menschen eine endgültige Entscheidung für oder gegen Gott, für welche - nach traditioneller christlicher Ansicht - nur der Zeitraum eines einzigen Erdenlebens bemessen ist (was freilich wiederum nur vorausgesetzt und keineswegs aus der Erfahrung gewonnen wird). - Die Lehre von der Auferweckung der Toten setzt voraus, dass am Ende der Zeiten mit der Seele des Menschen auch sein physischer Leib auferweckt wird. Da aber dieser Auferweckungsleib nur ein einziger sein kann, kann der Mensch nicht mehrere physische Leiber auf der Erde gehabt haben.

Trotz Absage des Kirchenchristentums an die Reinkarnationslehre lebte diese auch unter Christen weiter, und sie wird - wie die Erfahrung zeigt - auch von heutigen Christen beachtet und sogar vertreten (vgl. S. 126-127 u. 292-297).

Im Mittelalter waren es die Katharer, die als Christen die Reinkarnation lehrten.

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